Meldung vom 16.1.2008

Berliner Wasser in privater Hand?

Schon im vergangenen Oktober hatten wir über Befürchtungen berichtet, die Wasserpreise könnten erneut erhöht werden. Inzwischen ist diese Befürchtung zur Wirklichkeit geworden ( wenn auch die Wasserbetriebe die Preissenkung beim Trinkwasser stark betonen, so ergibt sich mit dem Abwasser insgesamt doch wieder eine Preiserhöhung ), und da die „Änderung der Tarifstruktur“ der Wasserbetriebe zum 1.7.2007 für die meisten Besitzer von Einfamilienhäusern schon mit höheren Zahlungen verbunden war, sind wir nun mit der zweiten Preiserhöhung innerhalb eines halben Jahres konfrontiert und wir müssen uns ernsthafte Gedanken dazu machen, wo das herrühren mag und wo das noch hinführen kann.


Erinnern wir uns:

Während der Teilung Deutschlands hatten Ost- und West-Berlin naturgemäß jeweils eigene Wasserversorgungsbetriebe, die kurze Zeit nach der Wiedervereinigung unseres Landes zu einem einzigen Betrieb zusammengefaßt wurden. Dieser Betrieb blieb vorerst in öffentlicher Hand, bis er während der Regierungszeit des Eberhard Diepgen ( CDU ) teilweise privatisiert wurde. Seither halten der westdeutsche Energiekonzern RWE und das französische Unternehmen Veolia Environnement S. A. die knappe Hälfte - nämlich 49,9 % ! - der Anteile an der Berliner Wasserversorgung ( Quelle: Berliner Wasserbetriebe ), die Berliner Bevölkerung hat an gerade noch 50,1 % ihres Wassers ein Eigentumsrecht.

Nur 0,2 % der Anteile trennen uns Berliner also von der Situation, daß private Unternehmen aus dem fernen Westen Deutschlands und sogar aus Frankreich über unsere Wasserversorgung und vor allem über den Preis für unser Grundwasser bestimmen können! Es bedarf schon einer gehörigen Portion Vertrauens in unsere gewählten Politiker zu glauben, daß die im Fall eines Konflikts mit den privat beteiligten Firmen mit ihrer sehr dünnen Mehrheit unser aller Interesse als Steuerzahler und Wassertrinker durchzusetzen willens und in der Lage sind ( wie sich die von uns gewählten Volksvertreter das Eintreten für die Interessen ihrer Wähler vorstellen, zeigt sehr deutlich die derzeitige Schlammschlacht um den Flughafen Tempelhof, wo rationale Argumente offenbar überhaupt nicht mehr gefragt sind und wo es nur noch darum geht, den politischen Gegner zu beschädigen; wie die Neuköllner und Tempelhofer Anwohner des Flughafens über den Fluglärm, die Absturzgefahr und Kerosinabladungen während des Landeanflugs denken, ist dabei offenbar von keinerlei Interesse ). Und von den privaten Eigentümern unseres Wassers sollten wir keinerlei Entgegenkommen erwarten, denn die Aufgabe von Gewerbetreibenden ist es Geld zu verdienen - je mehr desto besser -, soziales Handeln gehört hingegen nicht zum Aufgabenkreis privater Firmen, ihr soziales Gewissen entdecken große Konzerne bestenfalls im Rahmen von PR-Kampagnen. Es ist schon eine wahre Horrorvorstellung sich auszumalen, wie mit zunehmender Privatisierung unseres allerwichtigsten Grundnahrungsmittels Wasser die Preise hierfür dereinst ähnlich rasant ansteigen könnten wie derzeit die Mineralölpreise!

Was den Verbrauchern die Teilprivatisierung unseres Wassers gebracht hat, zeigt die Preisentwicklung der letzten Jahre:
Nachdem der Wasserpreis 1999 für vier Jahre vertraglich festgeschrieben worden war und deshalb stagniert hatte, ist er für einen kleinen Haushalt im eigenen Haus mit dem eher geringen Wasserverbrauch von 100 cbm pro Jahr in den Jahren von 2003 bis 2008 um mehr als 25 % gestiegen, was einen durchschnittlichen Anstieg um über 5 % im Jahr ausmacht und somit um stolze mehr als 300 % über der allgemeinen Inflationsrate ( Quelle: indexmundi ) für den gleichen Zeitraum liegt.


Wenn es uns denn gelegentlich an Vertrauen in unsere gewählten Volksvertreter mangelt, so leisten hierzu sicherlich auch die Geheimverträge zur Berliner Wasserversorgung zwischen Senat einerseits und RWE sowie Veolia andererseits ihren Beitrag. Weshalb - so sollten wir uns alle fragen - weshalb versucht dieser von uns gewählte Senat Verträge mit den privaten Miteigentümern des Berliner Wassers vor uns geheim zu halten?

Um dieser Geheimniskrämerei ein Ende zu machen, setzt sich die Bürgerinitiative „Berliner Wassertisch“ ( http://www.berliner-wassertisch.net ) für eine Offenlegung besagter Verträge ein. Nur so könne geklärt werden, ob es die vermuteten Abmachungen gibt, wonach das ohnehin schon schwer verschuldete Land Berlin sich verpflichtet hat, die Gewinngarantien für RWE und Veolia bei Bedarf auch aus dem Berliner Staatshaushalt zu finanzieren. Die Bürgerinitiative hat die Zulassung eines Volksbegehrens mit dem Ziel der Offenlegung jener Geheimverträge beantragt und sammelt noch bis Ende Januar Unterschriften, mit denen Berliner Bürger die Zulassung des Volksbegehrens unterstützen können.

Da mit der Privatisierung des Wassers nicht nur an ganz grundlegenden Lebensbedürfnissen aller Menschen gerüttelt wird, sondern wir Grundstücks- und Gartenbesitzer in besonderem Maße davon betroffen sind, empfehle ich das Zustandekommen des Volksbegehrens zu unterstützen.


Wenn Sie vertiefende Informationen zu diesem Thema haben möchten, erhalten Sie diese auf der Internetseite des Berliner Wassertisch http://www.berliner-wassertisch.net .
Dort finden Sie auch Verweise zu den Internetseiten anderer, deutschlandweit und international tätiger Bürgerinitiativen, die der Privatisierung des Grundnahrungsmittels Wasser skeptisch gegenüberstehen.


Den Unterschriftsbogen zur Unterstützung des Volksbegehrens erhalten Sie hier


Wichtiger Hinweis:
Wer den Unterschriftsbogen herunterlädt, muss die Seite 2 unbedingt auf die Rückseite kopieren/drucken, oder beide Seiten mit leerer (!) Rückseite vor der Abgabe mit dem Klammerapparat aneinanderheften, sonst ist die (bitte lesbare!) Unterschrift ungültig.

Der Bogen muß mit eigenhändiger Unterschrift versehen sein, eine Rücksendung per E-Mail wäre also sinnlos
.

Der Unterschriftsbogen muß bis zum 31. Januar 2008 an die
Grüne Liga Berlin e. V.
Prenzlauer Allee 230
10405 Berlin

geschickt werden.

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