1.6.2007

Da kann man schon ganz schön verblüfft sein, wenn einem dieser Tage der Brief ins Haus flattert, mit dem die Firma Vattenfall ihre Strompreiserhöhung zum 1.7.2007 erklärt. Oder besser: bekanntgibt, denn „Erklärung“ meint hier lediglich „Ankündigung“, nicht aber „Begründung“. Begründet hat Vattenfall die Preiserhöhung gegenüber den Medien mit den gestiegenen Preisen an der Leipziger Strombörse, aber das muß ein Scherz gewesen sein oder gar eine Zeitungsente, denn in einem dem eingangs erwähnten Brief beiliegenden Prospekt belehrt uns die Firma darüber, daß der Strom mit dem Namen „Berlin Klassik“ in Berliner Kraftwerken erzeugt wird - also nix mit Leipzig!

Widmen wir uns aber dem eigentlich Verblüffenden: Jener Strom, der bisher auf den Namen „Berlin Klassik“ hörte muß eine Umbenennung über sich ergehen lassen und wird künftig „Berlin Basis Privatstrom“ heißen. Sicherlich wegen des enorm angeschwollenen Namens schwillt zugleich auch der Grundpreis für dieses Produkt an, nämlich um satte 20 %. Für uns Verbraucher erweist sich das aber als ein ausgesprochen gutes Geschäft, denn für den 20 % höheren Grundpreis erhalten wir einen um etwa 70 % längeren Namen, und das ist doch schon was! Noch besser wird dieses Verhältnis bei den Kosten für die Kilowattstunde Strom, die steigen „nur“ um rund 5,5 %.

Falls uns der radikale Namenswechsel nicht zusagen sollte, können wir uns aber auch für das ebenfalls neue Produkt „Berlin Klassik Privatstrom“ entscheiden. Das wird zu den gleichen Anteilen aus fossilen und erneuerbaren Energien und vor allem ohne Kernkraftanteile hergestellt wie auch der Strom „Berlin Basis Privatstrom“, ist also das gleiche Produkt aber es kostet weniger. Und weil Vattenfall sich nicht lumpen läßt, gibt‘s noch einen „Haushalt-Schutzbrief“ dazu und mit dieser branchenfremden Offerte ist nun unsere Verblüffung wirklich perfekt.

Daß uns Vattenfall mit diesem „Haushalt-Schutzbrief“ einen Gefallen tut, darf allerdings angezweifelt werden. Mit diesem Schutzbrief wird die begrenzte finanzielle Abdeckung einiger Schäden, die man im Haushalt erleiden kann, versprochen. Insoweit hier Leistungen angeboten werden, die in ähnlicher Form auch in der Hausratversicherung enthalten sind, kann es im Schadenfall schnell zu Konflikten kommen bzw. die angebotenen Leistungen werden wegen des vereinbarten Vorrangs der Hausratversicherung ( § 6 der Geschäftsbedingungen ) völlig wertlos.

Weiteres Potential für Komplikationen bietet der Umstand, daß der Vertragspartner für den Schutzbrief nicht etwa Vattenfall ist, sondern eine in Köln ansässige Versicherung. Die aber schickt dem Kunden im Schadenfall keinen Handwerker ins Haus, sondern schlägt lediglich eine Firma vor, mit der der Versicherte sich selbst in Verbindung setzen muß. Der versicherte Kunde hat damit keinen Einfluß auf die Preise des Notdienstes, was spätestens dann ärgerlich werden kann, wenn die Reparaturkosten die von der Versicherung zugesagte Höchstentschädigung übersteigen. Und es gibt leider auch keine vertragliche Zusicherung zur schnellen Verfügbarkeit eines Notdienstes; wer am Wochenende einen Rohrbruch hat, sieht sich also dem Risiko ausgesetzt, erst am nächsten Werktag einen Handwerker zu bekommen. Auch Garantien bezüglich der Zuverlässigkeit des vorgeschlagenen Handwerkers werden sowohl vom Versicherer wie auch von Vattenfall kategorisch abgelehnt; wegen etwaiger Mängel der erbrachten Reparaturleistung wird sich somit der Kunde selbst mit dem Handwerksbetrieb auseinandersetzen oder gar vor Gericht streiten müssen.

Es scheint also bei diesem Schutzbrief-Angebot äußerste Vorsicht angebracht zu sein und es kann niemandem guten Gewissens geraten werden, den Tarif „Berlin Klassik Privatstrom“ gerade wegen dieses Schutzbriefes abzuschließen. Auch die Verbraucherzentrale Berlin e. V. betrachtet das Angebot mit größter Skepsis und kündigt eine rechtliche Prüfung der Geschäftsbedingungen an. Zitat der Verbraucherzentrale Berlin: „Der Haushalt-Schutzbrief ist nach Informationen von Vattenfall bei anderen Tarifen zum Preis von 54 Euro zu haben. ... Der Betrag von 54 Euro wäre als Strompreisreduzierung sinnvoller angelegt.“

Dem Stromkunden, der sich angesichts solcher Angebote ein ganz klein wenig veralbert vorkommt, bleibt natürlich die Möglichkeit sich nach anderen Tarifen umzuschauen, entweder bei Vattenfall selbst oder bei anderen Anbietern. Wer in einer der größeren Internet-Suchmaschinen die Suchbegriffe „Strompreis“ und „Berlin“ eingibt wird sehr schnell fündig werden und auch auf Webseiten mit Preisvergleichen stoßen.

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